Schillers „Kabale und Liebe“ – modern, aufregend und leidenschaftlich
Meiningen wird nicht umsonst als „Theaterstadt“ bezeichnet. Davon sollten wir uns am Mittwoch, den 27. April 2022 bei Schillers Klassiker „Kabale und Liebe“ selbst überzeugen. Gemeinsam mit der Deutschlehrerin der 10/1, Frau Teichert, und der Klassenlehrerin unserer Parallelklasse, Frau Amling, fuhren wir, die Klassen 10/1 und 10/2, gegen sechs Uhr abends am Gymnasium „Gleichense“ in Ohrdruf los.
Als wir das Staatstheater im kulturgeprägten Meiningen erreichten, war sofort klar, was dort für eine Atmosphäre herrschen würde. Selbst von außen war unser Ziel schwer zu übersehen – groß, prunkvoll, mit einer für uns altmodischen Architektur.
Durch das Corona – Virus mussten wir lange auf kulturelle Veranstaltungen, wie Theaterbesuche, verzichten, weshalb wir umso mehr begeistert waren, endlich an unserer ersten Abendveranstaltung teilnehmen zu können.
Durch die Vorbereitungen im Deutschunterricht wussten wir inhaltlich, worum es ging und konnten der Vorstellung folgen, auch wenn dies bei manchen Schülern bedingt durch ihre Sitzplätze auf den Seitenrängen teilweise schwieriger war, da man von dort aus nur die Hälfte des Bühnenbildes sah.
Durch die moderne Umsetzung des Stückes wurden wir alle überrascht. Die Aufführung in Meiningen, unter der Regie von Julia Prechsl, feierte am 25. März diesen Jahres ihr Debüt. Luise und Ferdinand, zwei junge Menschen verlieben sich leidenschaftlich ineinander. Ihre Liebe gerät dabei zwischen die Interessen ihrer Väter. Auf der einen Seite steht Luises Vater, der Stadtmusikus Miller, der um seine Ehre besorgt ist und seine Tochter beschützen möchte. Ferdinands Vater dagegen, der Präsident, will seinen Sohn mit Lady Milford verheiraten, um so seine eigene politische Karriere zu fördern. Zunächst hat es nach einem Sieg für die Protagonisten ausgesehen. Doch als im Höhepunkt die Kabale des Präsidenten und dessen Haussekretär Wurm entwickelt wurde, wendet sich das Blatt. In dieser wurde Luise gezwungen, einen Brief zu schreiben, welchen Ferdinand gefunden hat. Darin schreibt Luise an ihren Liebhaber, der real nicht einmal existiert. Zum Schluss triumphiert die infame Lüge über die aufrichtigen Gefühle des Liebespaars.
Leidenschaftlich spielten die Schauspieler ihre Rollen und verschafften den rund 400 Zuschauern damit ein atemberaubendes Theatererlebnis. Dabei wurde das bürgerliche Trauerspiel und Polit-Drama nicht klassisch aufgeführt, sondern in einer moderneren Version. Diese beinhaltete nicht nur einige Wörter und Satzteile in englischer Sprache, auch eine
Instagram-Story wurde von der Regisseurin Julia Prechsl eingebaut. Durch die modernen Elemente wurde das Stück ein Erlebnis für die verschiedensten Altersgruppen, von Jugendlichen bis zu Senioren.
Das Bühnenbild bestand im vorderen Bereich aus einer Freifläche und im hinteren Bereich aus einer drehbaren geneigten Ebene, in Form eines Kreises. Die Neigung der Ebene soll höchstwahrscheinlich die Ständeordnung der damaligen Zeit darstellen. Hierbei ist davon auszugehen, dass der niedrigste Stand oben steht und der Adel als höchster Stand unten, was am besten zu erkennen war, als der Präsident bei den Millers zu Hause war. Zu Beginn des Stückes hingen etwa zwanzig Vorhangstreifen in einem Kreis um diese Schräge. Im Verlauf des Stückes wurden diese heruntergerissen und als Requisiten benutzt, beispielsweise als Handtuch, Baby oder Bett. Generell wurden, abgesehen von den Vorhangstreifen, nur wenige Requisiten verwendet.
Die Kostüme repräsentierten die Charaktere und deren Stand in der Gesellschaft sehr passend. Luise (Pauline Gloger) trug ein bauchfreies Top und eine kurze Hose mit einem vorne geöffneten Rock darüber. Alle ihre Kleidungsstücke sind in verschiedenen Grautönen, die ihren niedrigeren Stand in der Gesellschaft zeigt. Ihre Eltern (Gunnar Blume und Anja Lenßen) trugen schon etwas farbigere, aber trotzdem noch schlichte Kostüme. Das zeigt, dass sie höher in der Gesellschaft stehen als ihre Tochter. Ferdinand (Jan Wenglarz) trug ebenfalls schlichte Kleidung. Diese soll wahrscheinlich seine Überzeugung der Überwindbarkeit der Stände symbolisieren. Sein Vater (Stefan Willi Wang) hingegen zeigt mit seiner Kleidung eindeutig seinen hohen gesellschaftlichen Stand. Er trug einen Anzug aus einem gold-glänzenden Stoff. Der Hofmarschall von Kalb (Yannick Fischer) hatte ebenfalls extravagante Kleidung an. Sein Kostüm beinhaltete einen braunen Anzug mit einem weißen Hemd. Darüber hatte er eine gelb-grüne Halskrause, womit er möglicherweise den Luxus des Adels darstellen wollte. Der Haussekretär Wurm (Miriam Haltmeier) repräsentiert mit seiner etwas seltsamen Kleidung seinen schrägen Charakter. Außerdem kann es sein, dass er sich damit höher in der Gesellschaft zeigen will, als er es überhaupt ist, was er durch die schräge, goldene Schleife am Hals beweist. Lady Milford (Larissa Aimée Breidbach) trug ebenfalls ein adliges Kostüm, welches auf ihre Herkunft zurückzuführen ist.
Das Bühnenbild sowie die Schauspieler wurden durch die verschiedenen Lichtverhältnisse gekonnt in Szene gesetzt. Das Licht kam beispielsweise aus verschiedenen Perspektiven oder war in unterschiedlichen Farben, passend zur Szene. Im Gegensatz dazu waren die
Tonlautstärken sehr kontrastreich. Teilweise redeten die Schauspieler zu leise oder zu laut, um sie wirklich zu verstehen.
Trotz allem herrschte eine gute Atmosphäre im Theater. Man konnte spüren, dass alle angespannt dem leidenschaftlichen Schauspiel auf der Bühne folgten. Auch bei lustigen und überraschenden Aktionen oder Aussagen erfolgten beispielsweise Lacher oder Ähnliches. Insgesamt hat sich der Theaterbesuch gelohnt, was auch am tosenden Applaus bei der Verabschiedung der Schauspieler zu erkennen war.
Das Stück von Julia Prechsl ist weiterzuempfehlen, da es für alle Altersgruppen geeignet ist und die Schauspieler sehr gekonnt das Stück und dessen Wichtigkeit für die Gesellschaft den Zuschauern dargebracht haben.
In diesem Zuge würden wir uns gerne bei den Schauspielern des Stückes sowie den Initiatoren der Theaterdarbietung für einen sehr gelungenen Abend bedanken. Des Weiteren möchten wir uns bei unserer Deutschlehrerin Frau Borth dafür bedanken, dass sie diesen kompletten Ausflug geplant hat, obwohl sie durch eine Klassenfahrt mit ihrer eigenen Klasse leider nicht daran teilhaben konnte.
Nadine Wille, 10_2