25 Jahre Abitur in Ohrdruf – Jahrgang 2018 verabschiedet
Unser diesjähriger Abiturjahrgang wurde am 15.06. im Schloss Ehrenstein verabschiedet. Diese seit 2003 bestehende Tradition der Feierstunde im Bürgersaal konnte – nach der Unterbrechung 2014 wegen des Schlossbrandes – zum vierten Mal fortgesetzt werden. Der Jubiläumsjahrgang erhielt nach einem anspruchsvollen und einfühlsamen Programm des Schulensembles sowie nach der Festrede des Schulleiters und den Grußworten Herrn Peter Rudolphs vom Förderverein der Schule die begehrten Reifezeugnisse überreicht. 37 Schüler der 12. Klassen haben die Reifeprüfungen erfolgreich bestanden. Die drei Besten sind: Sarah Schneider, Emily Marie Goldmann und Johannes Rudolph.
Herzlichen Glückwunsch!
Auszüge aus der Rede des Schulleiters:
25 Jahre Abitur am neuen Gymnasium Gleichense!
Ein wahrlich großartiger Grund für uns alle, heute im Bürgersaal des Schlosses Ehrenstein zu erscheinen.
Die Kleiderordnung ist diesem Tag mehr als angemessen gewählt, blickt man auf den 26. Jahrgang, der vor uns Platz genommen hat.
Ich begrüße Sie alle, verehrte Eltern, liebe Schüler, Lehrer und Gäste auf das Herzlichste!
(besonders unsere verehrte Bürgermeisterin, Frau Hopf und Herrn Fröhlich als Beigeordneten des Landrates)
Ich nehme die Jahrgangszahl 26 diesmal zum Anlass, mich in meiner heutigen Rede auf die 26 Buchstaben des deutschen Alphabets zu beziehen und beginne mit:
A… wie Abitur, das Euch mit dem Reifezeugnis in wenigen Minuten attestiert wird. Ängste, Sorgen, Hoffnungen oder Befürchtungen liegen hinter Euch. Ihr habt es geschafft! Seid stolz darauf zu den nunmehr 1400 Absolventen des Gymnasium Gleichense zu gehören!
B… wie Bulgarien! Ein Novum in der Schulgeschichte. Nicht Lloret de Mare oder Ballermann am Mittelmeer sind das Reiseziel, es ist das Schwarze Meer. Viel Spaß nächste Woche!
C… wie Chancen, die sich Euch jetzt eröffnen! Fachkräfte werden überall händeringend gesucht! Ich wünsche Euch eine gute Wahl bei den nächsten Zielen, die Ihr ansteuert. Findet einen guten Weg, er muss nicht immer eine Gerade sein. (Umwege, falsches Abbiegen sind möglich.)
D… wie Dankbarkeit, die Ihr Euch bewahren solltet. Nicht immer eine Selbstverständlichkeit in dieser schnelllebigen Zeit. Dankt allen, die Euch halfen in so mancher schwierigen Situation, die Euch trösteten, wenn ein Berg an Schwierigkeiten unüberwindbar schien oder mit Euch Freudentränen weinten, wenn ein solcher Berg bewältigt war.
E… wie Eltern, denen Ihr vieles verdankt! Auch Eure Großeltern, Geschwister.
In seinem gefühlvoll-traurigen Lied „You let me walk alone“ beschreibt Michael Schulte, dass er Vieles von seiner Mutter habe. Er sei auch ein Träumer, er liebe die Stille und den Horizont. Er dankt ihr liebevoll: „Mein Held der Kindheit wirst du immer sein und niemand kann je deinen Platz einnehmen“. „Du hast diesen Ort zu einem Zuhause gemacht, ein Schutz vor dem Sturm“.
(auch wir Lehrer, wie die Klassenleiterinnen Frau Sichardt und Frau Dreißig-Hopf bzw. Frau König und Herr Ludwig bzw. Frau Daubner) sind heute mit Euch stolz und glücklich und danken für die schöne Zeit.
F… wie Freude, die Ihr zu Recht heute empfindet. (wir auch)
Bewahrt Euch dieses positive Gefühl! Es macht Euch stark, auch Probleme zu meistern.Versteckt es nicht vor anderen, zeigt es offen.
G… wie Gesundheit, die ich Euch in einem langen und erfüllten Leben wünsche!
H… wie Humor, den Ihr nie verlieren solltet. Der sogenannte Ernst des Lebens fordert noch genug Kraft von Euch.
I… wie Ignoranz. Ein schlechter Ratgeber! Lasst Euch nicht von ihr verleiten. Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall
J… wie Jugend, die Ihr heute genießen könnt, ich wünsche Euch, dass Ihr in Eurem ganzen Leben immer etwas davon ausstrahlen mögt!
K… wie Klassenfahrten. Ihr habt einige davon erlebt und werdet noch in Jahrzehnten davon mit einem verschmitzten Lächeln erzählen. Weißt Du noch… auf der Alm in Südtirol, oder damals in London oder Rom, was uns da passiert ist?
L… wie Leidenschaft. Seid leidenschaftlich bei der Lösung von Aufgaben in Ausbildung, Studium und Beruf. Trefft aber auch die richtige Wahl bei der Suche nach dem Traumpartner.
Ich las einmal vor vielen Jahren, was Liebe bedeutet:
Liebe ist Respekt, Leidenschaft und Bewunderung. Vielleicht stimmt es.
M… wie menschlich sein, zeigt es, seid nicht überheblich oder gar falsch oder missachtend anderen gegenüber.
N… wie Nachsicht. Seid nachsichtig und verständnisvoll, auch wenn Ihr im Recht seid. Besonders, wenn andere einen Fehler eingestehen.
O… wie Organisationstalent, das habt Ihr alle! Nur das Genie beherrscht das Chaos.
P… wie Punktlandung… (in der Prüfungen) ist sie Euch sehr gut gelungen.
Q… wie der mit 0,02 % am seltenste verwendete Buchstabe nichtdeutscher Herkunft (aus dem Lateinischen und ahd., zu finden z.B. im Grimmschen Wörterbuch), Quod erat demonstrandum!
R… wie das Recht. Bewahrt und beschützt es! Keine leichte Aufgabe in einer Welt voller Unrecht, in der selbst jahrzehntelange Vereinbarungen unter den G7-Ländern via Twitter in Sekunden gekündigt werden.
S… wie Superstar. Ihr seid heute welche, super, sensationell und mega…
T… wie Temperament. Seid temperamentvoll, keine Leisetreter! Sagt und tut, was Ihr meint. Auch einmal lauter, als man von Euch erwartet. Das kann guttun und befreit.
U… wie Unterricht. Manche verschliefen so manches Stündlein. Viele brachten Euch aber um den Schlaf oder bereiteten Kopfzerbrechen, aber ließen Euch nicht untergehen.
V… wie Vorbilder. Brauchen wir welche? Ich zumindest meine ja.
Für manche ist es Karl Marx, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr begangen wurde.
Z.B. Hardy Krüger, Schauspieler, Geschichtenerzähler und Weltenbummler. Mit 90 leuchten noch seine blauen Augen. Als Junge auf einer NS-Eliteschule und in einem Propaganda-Film 1944 benutzt, lernt er durch den damaligen Superstar der UFA Hans Söhnker, der heimlich Juden außer Landes schmuggelte, das wahre Gesicht des Nationalsozialismus kennen und half den Opfern.
In den letzten Kriegstagen entkam er mehrfach nur knapp dem Tod.
Da er nie aufgab und Rückschläge überwand, fand er den Weg über Hamburg, Frankreich und England nach Hollywood. Er arbeitete mit John Wayne, Richard Burton, Sean Connery und wurde selbst zu einem Starschauspieler.
Heute sagt er z.B. in Schulen vor Schülern, die ihn nicht kennen, er sei ein Zeitzeuge, der von früher erzählen könne. Und er warnt vor rechten Scharfmachern. Bemerkenswert, wie ich finde.
Oder Rudi Dutschke, der vor 50 Jahren in Berlin durch ein rechtsextremes Attentat schwer verletzt wurde. 11 Jahre später starb der prominente linke Aktivist an den Spätfolgen.
Er war die Symbolfigur des Protestes der Studentenbewegung. Ein Mitstreiter von damals (Hajo Funke / Politologe) sagt über ihn: er sei gegen Gewalt und ein warmherziger Mensch gewesen, den man mehr hätte würdigen sollen (vgl. Zeit. online 11.04.2018, S.2)
Dutschkes „Theorie vom langen Marsch durch die Institutionen“ habe sich im Rückblick als praxistaugliches politisches Rezept erwiesen. Viele derjenigen, die damals losmarschiert waren, wurden später Minister und Professoren. (vgl. ebenda)
W… wie Wunder. Glaubt an Wunder. Vincent Weiss singt in einem aktuellen Lied davon: „Ey, es wär schön blöd, nicht an Wunder zu glauben“.
X… wie x in Mathe, eine unbekannte Größe. Der Schulleiter des Gymnasiums vor gut 100 Jahren, Dr. Paul Langer forschte an von ihm „X-Strahlen“ genannten Phänomenen. Dies tat parallel Wilhelm Conrad Röntgen, der den weltweiten Erfolg auf seiner Seite hatte.
Y… wie „y“, eine kleine Gemeinde mit 93 Einwohnern mit dem kürzesten Namen in Nordfrankreich (Departement Somme)
Z… wie Zukunft. Ein Beispiel ist eine Startup-Initiative „One week expirience“ einer 30jährigen Berlinerin, die seit 2016 es für Schüler oder Absolventen ermöglicht, sich für eine Woche in der Praxis auszuprobieren (Lehre oder Beruf).
Euch gehört die Zukunft! Geht Euren eigenen Weg. Er kann auch steinig und schwer werden, aber es wird immer Euer Weg sein.
Er wird Euch hinaus führen in die weite Welt, aber manche von Euch auch zurückkehren oder ganz hierbleiben lassen.
Viel Erfolg dabei!
Denkt vielleicht auch einmal an Eure Schulzeit zurück. Mögen Euch dabei gute Erinnerungen bleiben.
Alles Gute für Euch!
Auf ein freundliches Wiedersehen!
Dr. Rühl
Schulleiter